Titulus Doppelherme des Herodot und des Thukydides

Doppelherme des Herodot und des Thukydides. Marmor, H. 58 cm, spätes 1. – frühes 2. Jh. n. Chr., Sammlung Farnese, Museo Archeologico Nazionale di Napoli, Inv.-Nr. 6239. Foto: Deutsches Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg.

Die vielleicht vor 1570 bei Ausgrabungen im Bereich der Kirche Santa Maria Maggiore in Rom gefundene marmorne Doppelherme (H. 58 cm) gelangte in den Besitz der Familie Farnese und wird heute im Archäologischen Nationalmuseum in Neapel aufbewahrt (Inv.-Nr. 6239). Die Identifikation der Porträts ist durch epigraphische Namenszusätze in griechischem Alphabet unterhalb der Brustansätze gesichert. Die klassischen Historiographen Herodot und Thukydides, die jeweils auf ihre Weise für die antike Geschichtsschreibung stilbildend waren, wurden insbesondere von römischen Autoren spätestens seit dem 1. Jh. v. Chr. immer wieder inhaltlich und stilistisch miteinander verglichen (vgl. dazu W. Will, Herodot und Thukydides. Die Geburt der Geschichte, München 22021, 9f.). Die römische Begeisterung für diese Parallelisierung findet in der vorliegenden Doppelherme, die aus der Kaiserzeit stammt (spätes 1. – frühes 2. Jh. n. Chr.), jedoch auf griechische Einzelporträts des 4. Jh. v. Chr. zurückgeht, ganz unmittelbar einen bildlichen Ausdruck. Auch wenn der ursprüngliche Aufstellungskontext durch die komplizierte Überlieferungsgeschichte verdunkelt wird, ist ein räumliches Arrangement in einer Bibliothek oder einer privaten Villa denkbar. Weiterführend vgl. G. M. A. Richter, The Portraits of the Greeks I, London 1965, 148, Nr. 1; C. Vorster, Die Porträts des 4. Jhs. v. Chr., in, P. C. Bol (Hrsg.), Die Geschichte der antiken Bildhauerkunst II. Klassische Plastik, Mainz 2004, 388–390.

Text: Dr. Nicolai Futás