Titulus Sog. Vergil-Mosaik aus Hadrumetum

Sog. Vergil-Mosaik. Tesselatmosaik aus Marmor, 1,2 m x 1,2 m, früheres 3. Jh. n. Chr., 1895 im oecus eines Hauses in Hadrumetum (Sousse, Tunesien) gefunden, heute aufbewahrt im Musée national du Bardo, Tunis, Inv.-Nr. A 226. Das Mosaik zeigt vermutlich den römischen Dichter Vergil (70–19 v. Chr.) beim Verfassen des römischen ‚Nationalepos‘ Aeneis, während er von zwei Musen, entweder Klio und Melpomene oder Kalliope und Melpomene, inspiriert wird.

Der in Toga gekleidete, sitzende Dichter hält in seiner rechten Hand einen Schreibgriffel, in der linken auf seinem Schoß gebettet eine Schriftrolle, auf welcher der achte Vers der Aeneis zu erkennen ist: MVSA MIHI CAVSAS MEMORA QUO NVMINE LAESO, QVIDVE... („Muse, sage mir die Gründe, durch welche Verletzung des göttlichen Willens oder was…“). Links des Dichters steht entweder Klio, die Muse der Geschichtsschreibung, oder Kalliope, die Muse der epischen Dichtung, mit einer Schriftrolle in ihren Händen, rechts ist Melpomene, die Muse der Tragödie, mit einer tragischen Maske zu erkennen. Sollte die Identifikation der sitzenden Figur zutreffen, handelt es sich bei dem Mosaik um eine der ältesten bekannten bildlichen Darstellungen Vergils. Die Drapierung der Toga als toga contabulata wie auch insgesamt das Ensemble der Fußböden des Hauses, in dem das Mosaik gefunden wurde, verweisen auf eine Datierung des Werks in das frühere 3. Jh. n. Chr. Weiterführend zu Datierung und Interpretation des Mosaiks mit Literatur vgl. G. Minaud, Des doigts pour le dire. Le comput digital et ses symboles dans l'iconographie romaine, Histoire & mesure, 21/1, 2006, 3–34, bes. 13–15.

Text: Dr. Nicolai Futás