Titulus Sog. Hekatompedon-Inschrift

IG I 3 4 = AIO 1692. Gesetze über die athenische Akropolis, 485/484 v. Chr. (?), auch bekannt als Hekatompedon-Inschrift. Die nur in zahlreichen Fragmenten erhaltene Inschrift befindet sich auf zwei wiederverwendeten Metopenplatten aus Marmor. Unser Abklatsch gibt (naturgemäß in Originalgröße) einen Ausschnitt der Zeilen 9–16 auf der Platte B wieder.

Die Fragmente der Inschrift wurden im sog. Perserschutt auf der Akropolis gefunden und werden im Epigraphischen Museum Athen aufbewahrt (EM 13516, 13515, 6794). Es handelt sich offenbar um zwei Beschlüsse der athenischen Volksversammlung, die sich auf die Verwaltung der Akropolis beziehen. Auffällig ist die große Sorgfalt und Kunstfertigkeit, mit der die Buchstaben in den Stein gehauen wurden; IG I3 4 gehört daher zweifellos zu schönsten erhaltenen Inschriften aus Athen. Die Anordnung der Buchstaben ist stoichedon, wobei drei vertikal angeordnete Punktkreise verschiedene Abschnitte voneinander trennen. Zusammen mit IG I3 1 enthält unsere Inschrift die einzigen Volksbeschlüsse, die sicher vor 454 v. Chr. datiert werden können. Der Text, der teilweise, und besonders auf der Platte A, schlecht erhalten ist, behandelt die Wache auf der Akropolis und die Aufenthaltspflicht der tamiai, schreibt vor, dass über die sakralen Bronzekessel Aufzeichnungen anzufertigen sind, enthält Verbote für die Opfernden und das weibliche Kultpersonal sowie Anweisungen für die in regelmäßigen Abständen vorzunehmende Öffnung der Lagerräume (oikemata), die sich im Hekatompedon befanden, durch die tamiai zum Zwecke der Inspektion. Welcher Ort genau mit dem Wort hekatompedon bezeichnet wird, ist in der Forschung umstritten (vgl. dazu jetzt H.-J. Gehrke, Klio 105, 2023, 85–117). Der einfachsten Erklärung zufolge ist der „alte Parthenon“ gemeint, d. h. der Tempel, der in den 480er Jahren auf dem Ort des späteren Parthenons stand oder gerade gebaut wurde. Soweit erkennbar, verraten die Regelungen das Bemühungen, eine Verunreinigung des heiligen Ortes der Akropolis zu vermeiden. Edition der Inschrift mit englischer Übersetzung und Kommentar in AIO; deutsche Übersetzung in IG-Online; Foto der gesamten Inschrift an seinem jetzigen Aufstellungsort: s. Links unten.

Text: Prof. Dr. Kai Trampedach