Titulus Kameo mit Nero-Büste
Die Kamee zeigt den römischen Kaiser Nero (54–68 n. Chr.) auf einem Adler sitzend, währenddessen reicht ihm die römische Siegesgöttin Victoria, mit einem Chiton bekleidet, einen Lorbeerkranz dar. Hierbei wird an ein Motiv angeknüpft, das bereits aus der Regierungszeit des Claudius bekannt ist (Paris, Cabinet des Médailles 265; vgl. Megow 1987, A 80, 199f. mit Taf. 27, 1).
Eine Kamee bzw. ein Kameo bezeichnet einen Schmuckstein, wie einen Chalcedon, auf welchem ein bildliches Motiv als Relief herausgearbeitet wurde. Bei einer Gemme hingegen wird das Motiv in den Stein hineingeschnitten. Kamee und Gemme gehören zur Quellengattung der Glyptik. Römische Kameen wurde wohl besonders im Umfeld des Kaiserhofes gefertigt und lassen die Rezeption der vom Kaiser verfolgten Herrschaftskonzeption durch die Untertanen erkennen. Auf der vorliegenden Kamee ist zu sehen, dass Nero mit den typischen Herrschaftsattributen Aigis (einem Ziegenfellumhang der Athene) und Gorgoneion (dem Haupt der Gorgo), die Schutz und Sicherheit versprechen sollen, bekleidet ist. Auf dem Kopf trägt der Kaiser einen Lorbeerkranz mit Tänien, die zu einem Heraklesknoten gebunden sind. Sonst ist Nero oberkörperfrei und mit Sandalen bekleidet. Zusammen mit dem Adler weisen diese Attribute auf eine Iuppiter-Ikonographie hin, die die Rolle des Kaisers nahezu in panegyrischer Überhöhung als irdischen Iuppiter verdeutlichen soll. Das Füllhorn (cornucopia) in seinem rechten Arm deutet auf die typische Hoffnung einer segensreichen und fruchtbaren Herrschaft für das Reich hin. Die Siegesgöttin übergibt ihm wohl den Siegeslorbeerkranz, den goldenen Lorbeerkranz der corona etrusca, die bei einem Triumphzug eigentlich von einem Staatssklaven über das Haupt des Triumphators gehalten wurde. Ihre Pose erweckt Assoziationen zu vergleichbaren bildlichen Darstellungen eines solchen Staatssklaven im Triumphritual – beispielsweise bei dem Triumph des Tiberius auf dem Becher von Boscoreale.
Diese Triumph-Ikonographie auf dem Kameo lässt an eine bildliche Verarbeitung des als militärischen Erfolg des Kaisers inszenierten ‚Parthersieges‘ im Armenienkonflikt denken. Dieser wurde 63 n. Chr. endgültig, jedoch diplomatisch, im Sinne Roms gelöst. Dazu passt auch das Bildnis des Kaisers, das mit Backenbart, fleischigem Gesicht, aufwendig gestalteter Friseur aus Sichellocken und langen Kotletten den III. Bildnistypus Neros (‚Typus Thermenmuseum‘) darstellt, der von 59–64 n. Chr. kursierte.
Text: Christopher Decker M.A.
